„Kontrolle außer Kontrolle“ - Der sentix Jahresausblick 2026

Die wohl gefährlichste Bruchstelle sehen wir im US-Aktienmarkt. Entgegen der gängigen Meinung, die eine unmittelbare KI-Spekulationsblase fürchtet, sehen wir vielmehr eine allgemeine Bewertungs-Blase statt KI-Blase. Getrieben von der Hoffnung auf künftige KI-Gewinne, kletterte der Warren-Buffett-Indikator, ein Maßstab für die Überhitzung des Gesamtmarktes, auf historisch beispiellose 223 %. Gepaart mit Rekordspekulation auf Kredit signalisiert dies ein massives Rückschlagpotenzial. Unser behavioral-finanzielles Urteil ist eindeutig: Die eigentliche KI-Euphorie steht uns womöglich noch bevor; die aktuelle Gefahr geht von einer schlicht überteuerten Börse aus, die 2026 in einem Jahr der Angst und hoher Volatilität enden könnte.

Gleichzeitig fordern die Schuldenberge der westlichen Industriestaaten ihren Tribut – ein Phänomen, das Anleger zusehends beunruhigt. Die USA, aber auch Deutschland und Frankreich, sehen sich mit historisch hohen Refinanzierungsbedarfen konfrontiert. In Verbindung mit einer politisch motivierten Zinspolitik der Federal Reserve (FED) nach dem erwarteten Führungswechsel 2026, die auf kurzfristige Zinssenkungen drängen dürfte, entsteht ein perfekter Sturm für das lange Ende der Zinskurve. Unser unkonventioneller Ausblick prognostiziert daher einen Contrarian View: Anstatt zu sinken, werden die Langfristzinsen deutlich steigen – die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen könnte Richtung 4,0 % tendieren und jene der US-Treasuries die 5-%-Marke klar überschreiten. Dies wird nicht nur Anleihekurse, sondern auch Aktienbewertungen belasten.

Die logische Konsequenz für die Kapitalallokation ist der Wechsel von digitalen in physische Investments. Kryptowährungen wie Bitcoin, die 2025 einen massiven Vertrauensverlust erlebten, werden voraussichtlich weiter unter Druck geraten, da die spekulative Überhitzung aus dem Markt weicht; Kurse um 50.000 USD erscheinen realistisch. Demgegenüber rücken Rohstoffe und Edelmetalle in den Fokus, die von globalen Knappheiten und dem zunehmenden Protektionismus profitieren. Unsere größte Überzeugung gilt dabei dem Silber, das vor dem Ausbruch einer gewaltigen „Tasse-Henkel“-Formation steht.

Trotz der pessimistischen Aussichten für die klassischen Industriestaaten sehen wir eine attraktive Chance in den Emerging Markets (EM). Die Region profitiert von besseren relativen Bewertungen und einer robusten Konjunkturentwicklung, insbesondere in Asien ex Japan. Wir sehen ein EM-Jahr im WM-Jahr, in dem sich Schwellenländeraktien positiv vom US-Markt abkoppeln können.

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